Traumberuf Verschwörungstheoretiker

Traumberuf Verschwörungstheoretiker

Wenn Eltern ihren Kindern in der Erziehung helfen, später auf eigenen Beinen zu stehen, dann gehört zumeist eine ordentliche Berufsausbildung dazu. Insbesondere dann, wenn die Eltern es selbst nicht geschafft haben, das zu machen, was sie eigentlich wollten. So gibt es in den Familien bisweilen heftige Auseinandersetzungen, wenn der Sprössling lieber Musiker oder Künstler werden will, statt Banker oder Arzt. Welcher Beruf auch immer gelernt wird, das Berufsbild Verschwörungstheoretiker gehört nicht dazu – obwohl diese Berufsrichtung durchaus gute Marktchancen hat.


                 Die Verschwörung ist immer und überall ...
                           Bild: Markus Kraft / pixelio.de

Studienfach: Ahnung

Autodidakten können sich durchaus höhere Qualifikationen aneignen, als erst ein langjähriges Studium absolvieren zu müssen. Auch in der Heiler-Szene gibt es den Satz, „wer heilen kann, hat recht“. Da fragt niemand nach einer abgeschlossenen Ausbildung, Hauptsache es funktioniert. Gibt es keine wissenschaftliche Hinterlegung einer Behauptung, die als Wahrheit verkauft wird, dann ist es maßgeblich für den Erfolg, möglichst viele Anhänger einer These zu gewinnen. Wer in Kenntnis darüber ist, dass über 90 Prozent aller Entscheidungen von Menschen aus dem Gefühl, also dem Unterbewusstsein getroffen werden, dann kommt der Vermarktung des aufgestellten Glaubenssatzes eine entscheidende Bedeutung zu. Die Finanzierung dieses Berufes ist übrigens längst gesichert durch die Bevölkerung dieses Landes: Herr Hartz lässt grüßen.

Die D-Mark kommt wieder

„In der guten alten Zeit der D-Mark war alles viel günstiger“ – dieser Glaubenssatz hält sich hartnäckig in weiten Teilen der Bevölkerung. „Gefühlt“ stimmt das auch, faktisch allerdings nicht, wie wissenschaftliche Erhebungen herausgefunden haben. Nur in einzelnen Segmenten gab es mit der Umstellung von der D-Mark auf den Euro Preissprünge, insgesamt hat der Euro keine wesentliche Verteuerung gebracht. Aber wen interessiert schon die Realität, die weiß auch nicht alles.

In Anbetracht der Krisen der auf der Erde wurde den Verschwörungstheoretikern natürlich Nahrung ohne Ende zur Verfügung gestellt. Ganze Zirkel haben sich in einschlägigen Kreisen aufgebaut, die selbstredend ihre Behauptungen auch belegen können. So wird berichtet, dass ganz heimlich bereits die alten D-Mark-Scheine wieder gedruckt wurden, um in Falle der Euro-Abschaffung sofort frisches Geld der Bevölkerung zur Verfügung stellen zu können. Und dass die Erde tatsächlich eine Scheibe ist, bestreitet fast kein Mensch mehr.

Die Ersatzwährungen

"Darf ich Ihnen die 50 Euro auch in Regiogeld zurückgeben?" In manchen Regionen Deutschlands ist diese Frage nicht mehr bloße Utopie, sondern eine reale Alternative. Regionale Euro-Ersatzwährungen gibt es hierzulande seit 2001, mit steigender Tendenz. In Papiergeld- oder Gutscheinform zirkulieren "Kirschblüte", "KannWas", "Nahgold" oder "Berliner" im örtlichen Zahlungsverkehr zwischen lokalen Unternehmen und ihrer Kundschaft. Inzwischen existieren in Deutschland über 30 aktive Regiogeld-Initiativen, weitere sind in Vorbereitung. Die Regios ergänzen den Euro, doch sie ersetzen ihn nicht. Meist sind sie 1:1 konvertierbar. Ziel der alternativen Zahlungsmittel ist es, regionale Wirtschaftsbeziehungen zu fördern, diese solidarischer und transparenter zu gestalten und so den negativen Nebeneffekten der Globalisierung entgegen zu wirken. Diese Ersatzwährungen entstammen allerdings nicht von Verschwörungstheoretikern, sondern sind ein Marketinginstrument.

Die wirklich „Geheimen“

Gibt es, welch Frage. Nur sind sie geheim – bis sie jemand aufdeckt.

Roland Börck