Gestik und Mimik sagen die WahrheitEs gibt nur eine Situation, wo Menschen die Körpersprache bewusst einsetzen: wenn sie in einem fremden Land die dortige Sprache nicht beherrschen und mit Händen und Füßen versuchen zu erklären, was sie meinen. Auch wenn es manchmal etwas dauern mag, bis die jeweilige Körpersprache in solchen Situationen verstanden worden ist, sie funktioniert. Ganz anders sieht es im täglichen Leben aus. Hier werden Gestik und Mimik zwar genauso eingesetzt, nur unbewusst.
Körpersprache kann nicht lügen Bild: Thommy Weiss / pixelio.deWortloses SprechenWenn Menschen zusammenkommen, reden sie miteinander - sogar wenn sie nicht sprechen. Die vorgereckte Brust ist eine Botschaft ebenso wie die kleine Veränderung der Sitzhaltung, die geöffnete Handfläche, aber auch die Farbe der Krawatte oder das dezente Parfüm. Mimik, Gestik, Haltung und Bewegung, die räumliche Beziehung, Berührungen und die Kleidung sind wichtige Mittel der nonverbalen Kommunikation.
Mimik und Gestik gibt es seit immer
Es ist die älteste Form der zwischenmenschlichen Verständigung. Auf diese Weise klären Menschen untereinander, ob sie sich sympathisch sind und ob sie sich vertrauen können. Der Körper verrät die wirklichen Gefühle, wer wir sind und was wir eigentlich wollen. Die nonverbalen Botschaften sind oft unbewusst und gerade deshalb so machtvoll. Ohne Körpersprache sind die täglichen sozialen Beziehungen gar nicht möglich.
Der erste Eindruck ist eine Vorentscheidung – innerhalb von einer SekundeWissenschaftler haben herausgefunden, dass 95 Prozent des ersten Eindrucks von einem Menschen von Aussehen, Kleidung, Haltung, Gestik und Mimik, Sprechgeschwindigkeit, Stimmlage, Betonung und Dialekt bestimmt werden und nur drei Prozent von dem, was jemand sagt. Und die Einschätzung der Person geschieht in weniger als einer Sekunde. Weil wir das körperliche Verhalten schwerer kontrollieren und beherrschen können als die verbalen Aussagen, gilt die Körpersprache als wahrer und echter.
Gleiche und ungleiche BedeutungenDie Wissenschaft geht davon aus, dass bestimmte Basis-Gefühle wie Angst, Furcht, Glück, Trauer, Überraschung und Abscheu bei allen Menschen bestimmte nonverbale Ausdrucksformen hervorrufen. So gilt beispielsweise das Stirnrunzeln in so gut wie allen menschlichen Kulturen als Zeichen von Ärger. Das Lächeln wird ebenfalls weltweit als positives Signal und Sympathiezeichen eingesetzt. Auch die Deutung solcher Signale ist universell, sie werden überall verstanden.
Es gibt aber auch viele Körpersignale, die sich kulturell entwickelt haben und so missverständlich sind wie die verschiedenen Wortsprachen. So kann eine Geste wie der emporgereckte Daumen in unterschiedlichen Kulturkreisen genau das Gegenteil bedeuten. Oder eine für uns normale Haltung in anderen Teilen der Welt Empörung hervorrufen. Zum Beispiel ist das Übereinanderschlagen der Beine für einen Araber eine Beleidigung, denn die Fußsohle gilt im arabischen Kulturkreis als unrein.
Der Code sollte verstanden werdenGruppen von Menschen, Gesellschaften und Kulturen entwickeln ein eigenes System von nonverbalen Botschaften, einen eigenen Code. Nur wenn man mit diesem Code aufgewachsen ist, kann man ihn richtig verstehen und benutzen. Es gibt also Körpersignale, die wir alle verstehen und anwenden und solche, die kultur- oder regionalspezifisch sind. Hilfreich ist es in jedem Fall, die Möglichkeiten der Körpersprache gut zu kennen, sie lesen und einsetzen zu lernen.
Blicke können sprechenDie Augen sprechen ihre eigene Sprache und gelten als Spiegel und Ausdruck der Seele. Blicke können lächeln, Freude ausstrahlen, zustimmen, fragen aber auch zweifelnd oder stark ablehnend wirken. Mitunter sollen sie den anderen treffen oder auch verletzen. Der Volksmund spricht von vernichtenden Blicken und mancher wünscht, dass Blicke sogar töten könnten.
Der Wirkung unserer Augen-Blicke kommt eine zentrale Bedeutung zu. In Gesprächen ist es daher immer empfehlenswert, dem Gesprächspartner einige Sekunden einen offenen Blick zu schenken, begleitet von einem freundlichen Lächeln. Vorsicht jedoch vor zu langem Blickkontakt. Das kann leicht als Anstarren, übertriebene Neugier oder Unhöflichkeit interpretiert werden. In einigen Kulturkreisen wird sogar gesagt, "guck mich nicht so an - sonst hol ich meinen Bruder. Der weiß, wo dein Haus wohnt".
Blicksignale sind oft eindeutig und leicht zu deuten:• Senkt der andere den Blick oder reagiert gar nicht auf Ihr Blickangebot, besteht von seiner Seite (zumindest im Moment) kein Interesse.
• Ein stetig oder häufig zu Boden gesenkter Blick, hin und her flirrende, suchende Augen, zusammen- beziehungsweise hochgezogene Augenbrauen oder demonstratives Wegsehen sind Zeichen für Unsicherheit, Ignoranz oder sogar Provokation.
• Ein schräger Blick signalisiert zumeist abschätzende Zurückhaltung und wird häufig bewusst eingesetzt.
• Häufiges Blinzeln steht für Unsicherheit.
• Das kurze Heben der Augenbrauen beim Anblick einer Person signalisiert Freude über einen Kontakt oder auch das Erkennen eines sympathisch empfundenen Menschen.
• Heben sich die Brauen nicht, kann das ein Zeichen sein, dass derjenige sein Gegenüber als (noch) neutral oder unsympathisch empfindet.
Der Mund erzählt auchDas Lächeln ist die Königsdisziplin um Sympathien zu gewinnen. Ein natürliches, aufgeschlossenes Lächeln ist der perfekte Türöffner. Genau deswegen empfiehlt es sich jedoch, vorher zu überlegen, wem die Tür geöffnet wird. Denn ist derjenige erst einmal eingetreten, wird es sehr schwierig, ihn taktvoll wieder hinauszukomplimentieren, sprich: den Kontakt wieder zu beenden.
Generell ist auch beim Lächeln auf das Wie und Wann zu achten:• Ein stereotypes Dauerlächeln wirkt künstlich, irritierend und selbstgefällig.
• Ein übertriebenes Lächeln, das alle Zähne zeigt, das so genannte "Piranha-Lächeln", kann sowohl als Zeichen mühsamer Selbstbeherrschung gewertet werden als auch den Eindruck von Beliebigkeit und Oberflächlichkeit vermitteln. Begleitet wird es dann zumeist mit einem ebenso aufgesetzten Wortschwall: "Ach, meine Liebe, schön, dass Sie auch da sind! Aaach, da ist ja auch…"
• Ein gequältes, kaum sichtbares Lächeln kann bemüht, ironisch, schadenfroh, überheblich oder unsicher wirken.
• Wird nur ein Mundwinkel angehoben, signalisiert die Mimik Zynismus oder Arroganz und ein Überlegenheitsgefühl.
• Der überwiegend geöffnete Mund gilt als ausgesprochen unhöflich und bezeugt einen ausgeprägten Mangel an Selbstkontrolle. Er signalisiert auch unverhohlene Neugier.
• Ständig zusammengepresste Lippen in Kombination mit nach unten gezogenen Mundwinkeln suggerieren Unzufriedenheit bis hin zur Verbitterung oder den Wunsch nach Distanz.
Die Hände wollen auch mitredenDie Sprache der Hände ist in vielen Teilen der Welt gleich: Die Siegerpose mit der hoch gestreckten Faust, der gehobene Daumen als Signal der Zustimmung, erhobene Hände als Zeichen der Friedfertigkeit – alles das sind allgemein gültige Gesten. Während wir kommunizieren, setzten wir unsere Hände noch viel stärker ein und begleiten und unterstützen unsere verbale Rede in subtilerer Form.
Hier eine kleine Übersicht:• Finger an die Nase: Ein Zeichen der Konzentration oder für Bedenken
• Getrommel mit den Fingern: Ungeduld oder Nervosität, möglich ist auch Provokation
• Gefaltete Hände: Zeigen deutliche Überlegenheit
• Hand vor den Mund halten: Gesagtes soll zurückgenommen werden, Unsicherheit in der Sache
• Händereiben: Zeigt Selbstzufriedenheit an, wirkt nicht immer sympathisch
• Hände über den Kopf legen: Bei Zurücklehnen zeigt die Geste grenzenlose Souveränität
• Herumspielen mit Fingern: Lässt auf Desinteresse, Unkonzentriertheit oder Nervosität schließen
• Kopf auf die Hände stützen: Steht für Nachdenklichkeit, Erschöpfung oder Langeweile
• Kratzen am Kopf: Ein Zeichen von Ratlosigkeit oder Unsicherheit
• Reiben des Kinns: Steht für Nachdenklichkeit und Zufriedenheit
• Verschränken der Arme: Bei Männern: Ablehnung und Verschlossenheit und bei Frauen Unsicherheit oder Ängstlichkeit
• Zum Spitzdach geformte Hände: Signalisierende Überheblichkeit, gleichzeitig Abwehr gegen Einwände
Körperhaltung und Kleidung beeinflussen die GestikDie Körperhaltung wirkt sich auf die Gestik aus. Für die Gestik im Sitzen ist besonders die Bewegung von Oberkörper und Armen wichtig. Der Oberkörper kann sich dabei nach vorne neigen, in eine bestimmte Richtung gedreht oder etwa zurückgelehnt sein. Hände und Arme hingegen können viele Bewegungen gleichzeitig ausführen, die zusammen mit der Körperhaltung jeweils unterschiedlich zu bewerten sind.
Um Gestik gezielt einzusetzen, muss auch das Outfit stimmen. Wer zu enge Kleidung trägt und damit seine Bewegungsfreiheit einschränkt oder sich in seinem Bewerbungsdress unwohl fühlt, spiegelt das – ob bewusst oder unbewusst – ebenfalls in seiner Gestik wieder.
Fazit: Die Körpersprache ist erlernbar. Wer sie kennt, weiß, wann ein Mensch die Wahrheit sagt - oder lügt. Sollte meiner Ansicht nach als Pflicht-Fach in der Schule eingeführt werden.
Roland Börck